Vorsichtige Spaßvögel

Freche Keas oder: Wer hat Angst vorm grauen Bär?
 
Keas sind lustige Papageien, die in den Gebirgsgegenden der Südinsel Neuseelands leben und ihren Schabernack treiben. Das kann ich einfach so sagen, weil ich nicht mit ihnen zusammenwohne. Die Leute, die täglich mit diesen hochintelligenten Vögeln zu tun haben, finden sie gar nicht so lustig, denn ständig zerstören sie irgendetwas.
 
Am liebsten knabbern sie Scheibenwischer, Autoreifen und Schuhsolen an, reißen Dichtungen aus geparkten Autos. Sie mögen einfach alles, was aus Gummi ist. Es kann auch passieren, dass sie Zelte, Stoffdächer von Cabrios, Rucksäcke und T-Shirts zerfetzen. Und wenn etwas besonders schön funkelt, lassen sie es mitgehen, um damit zu spielen.
 
Was ich am ärgerlichsten finde, ist, dass sie belegte Brote klauen, wenn man beim Picknick nicht aufpasst.
Das ist für mich Vielfraß natürlich nicht akzeptabel, deshalb passe ich auf meine Sandwiches immer besonders gut auf.
 
Vor Menschen haben Keas kein bisschen Angst, aber - jetzt kommt's - vor mir! Sie sind frech wie Oskar, lassen sich jedoch von einem kleinen, grauen Bär verschrecken. Naja... Es ist gar nicht so schlecht, denn dadurch überlebe ich meine Ausflüge in die Berge. Aber überrascht hat es mich schon, dass sie nie versucht haben, mich zu zerfleddern. Es zeigt aber auch, wie intelligent diese Biester sind. Wenn wir nach Arthur's Pass fahren und ich sehe keine Keas, bin ich enttäuscht.
 
Sie sind mir wahrscheinlich so sympathisch, weil sie so sind wie ich: neugierig, gefräßig, und sie stecken ihre Nase auch in Dinge, die sie nichts angehen.
 

Bäriger Vogelforscher lüftet überraschendes Papageien-Geheimnis 
 
Als die Arbeit an meinem Bärenreisebuch und der Website begann, traute sich Mama nicht, mich in die Nähe von Keas zu setzen, weil sie dachte, sie würden mich zerfleddern. Deshalb machte sie Fotomontagen. Oder ich musste sie - wie hier in Te Anau - hinter Gittern anschauen.
 
Erst viel später wagten wir in Arthur's Pass ein Experiment unter der höchsten Sicherheitsstufe. Ich setzte mich an einem von Keas gut besuchten Parkplatz vors Auto und Papa saß direkt hinter mir, um sofort einzugreifen, wenn mich ein Kea angreifen würde.
 
Nicht ganz so schüchtern, aber trotzdem sicherheits- und abstandsbewusst waren die Keas, die uns im Café in Arthur's Pass besuchten. 
 
Ihre Café-Besuche in Arthur's Pass sind berühmt-berüchtigt. Sie klauen gerne Pommes von Tellern, durchwühlen Müllkörbe, immer in der Hoffnung, fettreiche Nahrung zu finden. Zu ihrem Lieblingsessen gehören Kartoffelchips - was leider auch für Papageien sehr ungesund ist.
 
In Arthur's Pass sind Keas schon ums Leben gekommen, weil sie sich auf die Straße setzen, wenn sie dort etwas Essbares finden. Wir haben schon Autos gestoppt, weil die Keas viel zu sehr mit Fressen beschäftigt waren, um auf den Verkehr zu achten. Und manchmal rennt Personal aus dem Café heraus und räumt Essens-reste und Kekse von der Straße.
 
Keas sind geborene Automechaniker beziehungsweise -zerstörer. Sie rücken mit der kompletten Monteurstruppe an, wenn ein Auto irgendwo in ihrem Lebensraum abgestellt wird und untersuchen es auf sämtliche Schwachstellen.
 
Das einzige, was Keas von Autos fernhält, bin ich! Dieser hier war dabei, in unser Auto zu hüpfen. Da hopste ich vom Rücksitz nach vorne und schaute aus der Tür und der Kea sprang sofort einen Meter zurück.
 
Die Keas in der Willowbank sind besonders wagemutig. Und sie denken wie ich, das habe ich ja schon mal gesagt. Allerdings ist der Rucksack-Transport nur ein Vorwand, um die Ohrringe genauer zu untersuchen.
 
 
Mit den Fotomontagen wollten wir zeigen, welchen Unsinn diese Gebirgspapageien so anstellen, ohne dass ich zu Schaden kam. Im richtigen Leben würden mich die Keas nicht so nahe an sich ranlassen wie auf diesem Schuhsohlenknabberfoto. Aber das fanden wir erst später heraus.
 
Aber welch eine Überraschung! Keiner wagte sich an mich heran. Die Keas schauten mich zwar interessiert an, hielten aber einen Sicherheitsabstand - selbst als ich sie mit einem Stück Brot auf der Pfote lockte. Dieser hier lief auf und ab, und auf und ab...
 
Und wenn's nur Krümel auf dem Teller sind: Keas lassen nichts Essbares verkommen. Bloß mit Messer und Gabel essen sie noch nicht...
 
Sicherheitsstufe eins: Keas lieben Eiswaffeln und Kekse. Je schneller ein Kea satt ist, desto mehr Zeit hat er, Unfug zu treiben und mit seinen Artgenossen zu spielen. Keas sind die einzigen Vögel, die aus Spaß an der Freude miteinander herumalbern. Sie rennen gegen den Wind und schlagen Purzelbäume.
 
Ich besuche auch immer wieder die Keas in dem Wildpark The Willowbank in Christchurch. Dort habe ich gesehen, dass sie  Maiskörner aus dem Futternapf nehmen, im Schnabel stapeln, und an ein ruhiges Plätzchen hopsen, wo sie kein anderer Kea stört. Dort lassen sie dann die Körner aus dem Schnabel fallen lassen und fressen eins nach dem anderen.
 
Hier sprechen sie ab, wer die Scheibenwischer, Reifen und Dichtungen bekommt. Wer in Fjiordland zu einer mehrtägigen Wanderung aufbricht, hüllt sein Auto in dicke Planen, damit hinterher noch alle Dichtungen dran sind.
 
Rucksäcke ziehen Keas magisch an. Sie wissen genau, wie man einen Reißverschluss öffnet, und stecken nach vollbrachter Arbeit ihre Schnäbel hinein, um den Inhalt zu sondieren. Am meisten interessiert sie natürlich alles Essbare.
 
Ihr müsst Keas zum Fliegen animieren oder dabei beobachten, denn unter ihrem unauffälligen olivgrünen Gefieder verbergen sich spektakuläre orangefarbene Flügel. Am Schwanz haben sie einige blaue Federn.
 
Ich lebte also in dem Glauben, Keas würden mich umbringen, wenn ich mich in ihre Nähe setzen würde. Ich dachte, dass sie nicht bloß Gummi anknabbern, mit glänzenden Münzen spielen (wie auf dem Foto oben) und Zelte zerfetzen, sondern auch mich. Wir gingen auf Nummer sicher.
 
... aber trauten sich nicht, das Brot zu nehmen. Auch nicht, als ich es auf meine Fußspitze legte. Wie klug! Die Keas fressen riesigen Menschen aus der Hand, weil sie Menschen kennen. Aber so einen  Kerl wie mich haben sie noch nie gesehen. Da sind sie vorsichtig.
 
Auch Cappuccino testen sie mindestens einmal. Da der Milchschaum Fett enthält, stecken sie ihren frechen Schnabel auch hier hinein.
 
Wer sein belegtes Brot selbst essen möchte, muss es festhalten. Keas fressen auch gerne gesündere Menschennahrung wie Nüsse und Äpfel. Aber man soll Keas nichts geben, weil sie sonst ihren natür-lichen Trieb, Futter zu suchen, verlieren könnten. Dann könnten sie alleine nicht überleben.
 
Auch weiter drunten im Süden gibt's Keas. Diese Informationstafel ist an der Milford Road - auf dem Weg zum Milford Sound - aufgestellt und informiert über das Leben und die Vorlieben der Gebirgspapageien. Also: dass man sie nicht füttern und seine Schuhe nicht unbeaufsichtigt irgendwo abstellen soll, wenn man hinterher noch in ihnen wandern möchte.
 
Zwischendurch brauchen sie natürlich eine kleine Erfrischung. Sie finden es ganz praktisch, wenn sie nicht extra zu einem Bach fliegen müssen, um ein bisschen Wasser zu trinken. Dieser Wasserspender steht vor einem Café in Arthur's Pass.
 
Handtaschen sind natürlich auch willkommen - als Fundort für Essen und Glitzerzeugs. Der Kea auf dem unteren Foto macht sich daran, eine Halskette zu inspizieren. Als nächstes kommen dann die Ohrringe dran...
 
Junge Keas rotten sich oft in Gangs zusammen, "überfallen" Parkplätze an Skiliften und plündern Wander-hütten. Wir haben gesehen, wie sie Topfpflanzen von Fenstersimsen warfen. Manche Leute sichern ihre Blumen mit Drahtgeflechten.
 
 
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