Folge 1

Ferien - hurra!
Ferien – hurra! Obwohl... Ich sollte nicht so laut schreien. Irgendwie habe ich das ganze Jahre Ferien, denn obwohl ich jünger aussehe, bin ich schon 21 Jahre alt [2009] und muss nicht mehr in die Bärenschule gehen.
 
Ich kann verreisen, wenn ich Lust habe. Das heißt: wenn meine Menscheneltern Lust und Zeit und Geld haben und mich auf ihre Reisen mitnehmen. Meistens nehmen sie mich mit, und sie machen große und kleine Reisen, und so bin ich ein richtiger Reisebär geworden.

Mein Leben hat eigentlich schon mit einer Reise begonnen. Meine Menschenmutter hat mich auf einem Markt in Südkorea entdeckt, und weil ich einen Bärenhunger hatte, dachte ich, ich lasse ein paar Tränen fließen, vielleicht hat die Frau ja Mitleid mit mir.
 
Und genauso war’s. Sie kaufte mich, taufte mich „Herr Kim“, weil fast alle Leute in Südkorea Kim heißen, und nahm mich mit nach Deutschland. Das war mein erster Trip in einem Flugzeug.
 
Im Land der Kiwi-Vögel, Kiwi-Menschen und Kiwi-Früchte

Mittlerweile wohne ich in Neuseeland, dem Land der Kiwi-Vögel, Kiwi-Menschen und Kiwi-Früchte. Da sich hier alle Leute beim Vornamen anreden, bin ich Kimi geworden. Kimi bei den Kiwis.
 
Ich bin schon kreuz und quer durchs Land gereist, per Flugzeug, Auto, Schiff, Kajak, Bus und Zug. Meistens sitze ich in Mamas Rucksack, von dort habe ich den besten Überblick. Andere Bären reisen per Post oder im Koffer von Land zu Land, aber das darf ich nicht, weil immer wieder Päckchen und Gepäck verloren gehen.

Trotzdem wäre ich einmal fast auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Ich setzte mich in Riquewihr im Elsaß für ein Foto auf die Straße. Als Mama drei, vier Schritte zurückging und durch die Kamera guckte, war ich weg. Ein wildfremder Mann hatte mich einfach aufgehoben und machte sich mit mir unter dem Arm aus dem Staub. Ein klarer Fall von Kidnapping! Zum Glück hörte Mama meine Hilferufe und nahm sofort die Verfolgung auf. Sie kann schnell rennen und ist auch ganz stark. Sie holte den Mann ein und drohte ihm Prügel an. Vermutlich sah er ihre dicken Muskeln und rückte mich sofort heraus.
 
In Neuseeland hatte ich schon viele aufregende Abenteuer. Aber als ich hier ankam, musste ich erst einmal Englisch lernen. Das ist eine nützliche Sprache, weil sie auch in vielen anderen Ländern verbreitet ist. Man kann sich dann immer gleich mit den Einheimischen und ihren Bären unterhalten und neue Dinge lernen.

Manchmal nützen allerdings auch die besten Sprachkenntnisse nichts. Zum Beispiel kann ich den Keas – das sind freche Gebirgspapageien – tausendmal sagen, dass ich mich bloß mit ihnen unterhalten will.
 
Ängstliche Keas, freche Wekas
 
Sie haben trotzdem Angst vor mir. Vor mir winzigem Bär! Sie fressen riesenhaften Menschen aus der Hand, und selbst wenn ich ein Stück Brot oder Apfel für sie auf der Pfote halte, trauen sie sich nicht ran. Und das Ganze bloß, weil sie so einen kleinen grauen Gesellen wie mich noch nie gesehen haben.
 
Bei den Wekas – das sind hühnergroße Laufvögel – ist es genau umgekehrt. Die habe ich mit Kartoffelchips gefüttert, und als sie alles gefressen hatten, biss mir einer so heftig ins Ohr, dass ich umfiel und ins Bärenkrankenhaus musste, um meine Wunde nähen zu lassen.

Ich habe mich auf meinen Reisen schon oft verletzt, weil ich so neugierig bin und mich gerne fotografieren lasse. Meistens falle ich irgendwo herunter: von Bäumen, Pfosten, Geländern, Fahrrädern, Schafen, Pferden, Felsen.
 
Meine Menschenmutter schimpft mich, wenn ich zu nahe ans Wasser gehe, denn ich wiege so wenig, dass mich eine Windböe wegwehen kann. Als ich einmal an einem Seeufer saß, ist es passiert. Wuuuuusch – und ich lag im Wasser. Zum Glück hatte mein Papa ein Schmetterlingsnetz dabei und konnte mich herausfischen, bevor ich untergegangen und ertrunken wäre.

Deshalb musste ich vor unserer Kreuzfahrt im Südpazifik, zu so schönen Inseln wie Tahiti, Bora Bora, Samoa und Tonga, versprechen, nie allein an Deck zu gehen. So einen kleinen Bär sieht man im riesigen Ozean nicht. Vorsichtshalber habe ich immer eine Schwimmweste getragen...

Eigentlich mag ich Wasser nicht wirklich, denn es dauert zwei, drei Tage, bis ich nach einem Schaumbad wieder trocken bin. Ich drücke mich auch gerne ums Waschen, aber gleich nach meiner Ankunft in Neuseeland war’s unvermeidlich.
 
Am Flughafen haben sie ganz goldige Arbeitshunde, die grüne Dienstmäntelchen an haben. Die beschnuppern das Gepäck der Reisenden, damit ja niemand verbotene Dinge wie Obst, Fleisch oder Pflanzen ins Land bringt. Das schlappohrige Beagle-Mädchen Jet kontrollierte nicht bloß mein Köfferchen und meinen Rucksack, sondern auch mich. Am Ende war ich so vollgeschlabbert, dass ich wie ein Hund roch!
 
Aber noch schlimmer war’s, als mich auf einer Farm ein Alpaka anspuckte. Ich war von Kopf bis Fuß mit stinkendem grünen Schleim getupft.

Schlimmer war jedoch das Treffen mit einem Drogenspürhund am Flughafen in München. Der bellte mich vor Freude an, aber der Beamte dachte, der Hund wollte sagen, er hätte bei mir Rauschgift gefunden. Er fragte, ob ich Drogen transportierte. Ich sagte natürlich nein.
 
Da wollte er wissen, warum ich so einen dicken Bauch hätte. „Weil ich so viel Honig, Eis und Schokolade esse“, sagte ich. Aber er glaubte mir nicht und drückte und quetschte mich. Er sagte, er würde mir den Bauch aufschneiden! Aber einer seiner Kollegen rettete mich, indem er vorschlug, mich einfach in das Röntgengerät zu setzen. Und da war zum Glück nichts Verdächtiges zu sehen. Uff!
 
 
Als ich im September 2010 in Ulm war, habe ich Monika bei der SÜDWEST PRESSE Besucht. Monika ist zuständig für die Kinderseite, auf der meine Reise- und Abenteuer-Serie erschienen ist. Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden, und ich habe ihr gleich ein bisschen beim Layout geholfen.
 
 
 
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