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Pilgertiere auf dem Jakobsweg

Die gelbe Jakobsmuschel weist den Weg
 
Eigentlich war's gar nicht geplant und wir haben es immer erst hinterher bemerkt. Aber zufällig habe ich mich mit meinem Freund Russell bei meinen letzten beiden Deutschland-Reisen auf dem Jakobsweg getroffen. Das heißt: auf einem der vielen Jakobswege, nämlich in Göppingen und Esslingen. Davon abgesehen, habe ich viele Jahre in Ulm gewohnt, wo man sich einen Pilgerstempel im Münster abholen kann. Ich war auch schon in vielen anderen Orten an diversen Jakobswegen, ohne es zu wissen, Russell an noch viel mehr - aber seine Mommy weiß es meistens...
 
Der Jakobsweg ist die Pilgerroute zum angeblichen Grab des Apostels Jakobusin Santiago de Compostela in Galizien (Nordwestspanien). Auf Spanisch heißt der Weg "Camino de Santiago". Es ist nicht ganz klar, ob Jakobs Grab wirklich in Santiago ist, aber das macht nichts, es geht um das spirituelle Element des Pilgerns.
 
Vor allem unser Treffen in Göppingen wurde zu einer echten Pilgerreise. Wir fuhren nämlich mit dem Bus nach Hohenstaufen, besuchten die Pfarrkirche Sankt Jakob und wanderten dann den steilen Pfad zur Burgruine der Stauferkaiser hinauf. Und übrigens: Russell ist ein Wombat.

 
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Einem Jakobsweg sieht man natürlich nicht an, dass er ein Jakobsweg ist. Deshalb braucht man gute Pilgerwanderkarten ("Glaubenswege") und Schilder, die mit dem Jakobsweg-Symbol - einer gelben Jakobsmuschel - gekennzeichnet sind. Dieses hier ist an der steilen Kaiserbergsteige in Hohenstaufen angebracht.
 
 An manchen Laternenpfosten ist das Jakobsmuschel-Symbol auch nur aufgeklebt.
Hohenstaufen gehört zur Stadt Göppingen. Dort wurde übrigens auch eine Kirche entdeckt, die eng mit dem Heiligen Jakob zu tun hat: die Oberhofenkirche. Bevor diese 1436 gebaut wurde, muss es schon eine große Marienwallfahrt gegeben haben. Bei einer Grabung fand man das Grab eines Geistlichen oder Pilgers, der als Abzeichen die Jakobsmuschel trug.
 
Die Jakobsmuschel
 
Im Mittelalter konnte man an allen Orten auf dem Pilgerrouten Abzeichen erwerben, die den Wanderer auf dem Heimweg und in der Heimat schützen sollte. Auf dem Jakobsweg war's natürlich die Jakobsmuschel. Die hatte mehrere Zwecke: 1. war sie der Beweis, das man die Reise tatsächlich absolviert hatte (später kam ein Beglaubigungsschreiben - La Compostela - hinzu); 2. konnte man mit ihr unterwegs Wasser schöpfen. Wir fanden diese riesige Jakobsmuschel neben der Eingangstür der Barbarossakirche.
 
 
 
Alte Freunde
 
Hinter der Kirche, am Beginn des Zickzackwegs hinauf zur Burgruine, steht diese aus Holz geschnitze Figurengruppe. Sie zeigt Stauferkaiser Friedrich II. und Franz von Assisi. Die beiden waren gute Freunde und stifteten Frieden. Der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches (vorher König von Sizilien und Deutschland) und König von Jerusalem erreichte 1228 durch Verhandlungen, dass die heiligen Stätten von Palästina, im Mittelalter das große Pilgerziel, frei zugänglich waren.
 
Im Raum Göppingen gibt's nicht nur den Jakobsweg von Bargau/Schwäbisch Gmünd nach Bodelshofen/Wendlingen, sondern auch den Franziskusweg. Der führt durch Ottenbach. Mehr Information im Internet unter http://www.jakobsweg-gp.de und hier.
 
Auf dem Jakobsweg in...
 
Bei unserem zweiten Treffen in Esslingen entdeckten wir neben der Stadtkirche St. Dionys zufällig ein Jakobsweg-Schild. Im Ausgrabungsmuseum unter der Kirche befinden sich echte Jakobsmuscheln ("vieiras").   
 

Russell und ich haben natürlich alles genau studiert. Um ehrlich zu sein: Da wir so klein sind und so kurze Beine haben, haben wir uns den Berg hinauf tragen lassen...
Der Jakobsweg in Göppingen wurde erst im Jahr 2008 realisiert - von einer Gesundheitsinitiative! Der Gesundheitspfad wird ständig weiter entwickelt.
 
Die Jakobskirche in Hohenstaufen wurde schon 1228 erwähnt. Aus ihr wurde im 19. Jahrhundert die Barbarossakirche - zum Gedenken an die Staufer. Am Westgiebel sind die Wappen der staufischen Herrschaftsgebiete, Ministerialiengeschlechter und sieben Kurfüsten angebracht, außerdem ein Reichsadler sowie die Wappen aller europäischen und kleinasiatischen Lehensgebiete der Staufer. Unterhalb der Kirche steht ein kleines Staufer-Geschichtszentrum.
 
Der Stempel
 
 Als wir den Briefkasten auf der Jakobsmuschel öffneten, fanden wir einen Stempel und ein Stempelkissen. Damit stempelten wir unser Reisebuch, damit wir später beweisen können, dass wir wirklich an der Barbarossakirche und auf dem Jakobsweg waren.
 
 
Neue Freunde 
 
Wir fanden es äußerst passend, uns auf den Sitz der beiden Freunde aus dem Mittelalter zu setzen. Schließlich sind wir Tierfreunde.
Wir haben uns übrigens im Internet kennengelernt, auf VirtualTourist.
Russell stammt als Wombat natürlich aus Australien, ist aber nach Deutschland ausgewandert und wohnt jetzt in Karlsruhe. Wenn ich in meine alte Heimat nach Deutschland reise, treffen uns für einen reisetechnisch interessanten Ort - und natürlich zum Essen...  
 
Und keine Frage: Echte Freunde und Pilger teilen auch ihren Proviant - so wie wir beide an einem super Aussichtsplatz auf dem Hohenstaufen-Gipfel. Von hier aus hat man übrigens einen tollen Blick hinüber zum Hohenrechberg, der ebenfalls eine Station des Jakobswegs ist.
 
... Esslingen haben wir...
 
Die wurden den Toten als Pilgerzeichen mit ins Grab gelegt. In einem Glasfenster im Chorraum ist Jakobus zu sehen. Links vom Hochaltar zeigt ein Wappenfresko drei silberne Jakobsmuscheln.
 
  • Der Jakobsweg folgt der hochmittelalterlichen Hauptverkehrsachse Nordspaniens aus dem 11. Jahrhundert. Diese Route führt von den Pyrenäen über die Königsstädte Jaca, Pamplona, Estella, Burgos und León nach Santiago.
     
  • In Frankreich existieren weitere vier Jakobswege, die sich in Pyrenäen-Nähe vereinigen und auf den spanischen Jakobsweg führen.
     
  • Der Jakobsweg geriet zwischendurch in Vergessenheit. Die Pilgerreise wurde erst nach 1970 wiederbelebt. 1980 begann ein spanischer Priester, den Camino Francés (= Französischer Weg) in Nordspanien mit gelben Pfeilen zu markieren. 
     
  • Der spanische Hauptweg wurde 1993 in das UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen, 1998 kamen die vier Wege in Frankreich hinzu. Der Europarat erhob die Wege der Jakobspilger in Europa zur ersten europäischen Kulturstraße. 
     
  • In Deutschland begann die Beschilderung der Wege erst 1992, als ein evangelischer Pfarrer zusammen mit sechs Jakobusgemeinden einen Pilgerweg von Rothenburg ob der Tauber nach Nürnberg ausarbeitete. Eine historisch genaue Route führt von Nürnberg über Ulm nach Konstanz.
     
  • Der Schwabenweg von Konstanz nach Einsiedeln und weiter zur Rhone gehörte nach dem "Camino Francés" und der Via Podiensis in Frankreich (Le Puy - St. Jean-Pied-de-Port) zu den ersten ausgeschilderten Jakobswegen. Und er heißt Schwabenweg, obwohl er fast ausschließlich durch die Schweiz führt...

  • Wo der Jakobsweg beginnt, ist eher eine Idee und Volksbewegung als ein fester Ort. Die Spanier sagen: "El camino comienza en su casa." Das heißt: Der Weg beginnt in Ihrem Haus.
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Pilgerkleidung
 
Nur mit Fell - und ich mit meinem Reisehalstuch bekleidet - sind wir vermutlich nicht pilgermäßig-korrekt gekleidet, und ein echter Pilger muss auch einen Wanderstab tragen. Aber mit einem Hut kann ich dienen, wenn's unbedingt sein muss... 
 

Englisch-Lektion

Jakobsweg = Way of Saint James,
   Camino de Santiago trail
Jakobus = James
Jakobsmuschel = scallop,
   scallop shell (nur die Schale)
Pilger = pilgrim
Pilgerfahrt, -reise = pilgrimage
pilgern = to go on a pilgrimage
wandern =
   1. to go walking (gemächlich)
   2. to go hiking (Berge)
   3. to go on a walk/hike
Wanderstab = walking stick/pole
Wanderkarte = hiking map
Hut = hat
Kaiser = emperor
König = king
Freund = friend
Stempel = (rubber) stamp
Stempelkissen = ink pad
Poststempel = postmark
Kirche = church
Wappen = coat of arms
 
In Neuseeland sagen sie zum Wandern nicht "hiking", sondern "tramping". Jemand, der am Straßenrand steht und trampt, ist auf Englisch ein "hitchhiker".
 
 
 
 
... an Pilgerfreunde gedacht 
 
 
An unsere Freundin Kerry in Australien!
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