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Feindfreie Vogelparadiese

Überleben à la Kiwi: Totes Possum = gutes Possum
 
Wenn sie in Neuseeland "pest-free" sagen, reden die Leute nicht von der Pest, sondern von Tieren, die sie hassen wie die Pest. Dazu gehören manchmal auch Hunde und Katzen, denn diese umher streunenden Haustiere bringen geschütze Vögel um. Und zu Vögeln haben die Neuseeländer ein besonderes Verhältnis, schließlich nennen sie sich selbst ja Kiwis, nach den flugunfähigen Vögeln mit den langen Schnäbeln und Schnurrhaaren. Über die erzähle ich Euch in einem anderen Kapitel. Am meisten hassen die Neuseeländer jedoch die Possums oder Fuchskusus, die einst wegen ihres schönen Fells aus Australien eingeführt wurden und jetzt den einheimischen Vögeln die Nahrung wegfressen. Sie fressen die Bäume kahl und die Vögel verhungern. Deshalb sagen die Kiwis - die Menschen - auch: "Nur ein totes Possum ist ein gutes Possum."
 
Damit die Vögel eine Überlebenschance haben, werden auf manchen unbewohnten Inseln alle Mäuse, Ratten, Possums und was sonst noch an Vierbeinern dort herum rennt, in Fallen gefangen, vergiftet oder anderweitig umgebracht, und dann bringen sie seltene Vogelarten auf die Inseln. Und da die dann natürlich keine Feinde mehr haben, können sie wunderbar überleben und sich vermehren. Das sind dann "pest-free islands". 
 
Solche Inseln liegen nicht immer im Meer. Es gibt auch Inseln auf dem Festland, die "mainland islands". Das sind Schutzgebiete, die von Zäunen umgeben sind. Diese Zäune sind aus Metall, damit kein Tier mit Krallen darüber klettern kann - und 1,80 Meter hoch, damit Katzen nicht darüber springen können.
Ich war schon in und auf einigen solchen Inseln. Auf die Inseln im Meer setzt man natürlich mit dem Boot über. Auf dem Foto links war ich auf dem Weg nach Motuara Island in den Marlborough Sounds. Außerdem war ich auf Tiritiri Matangi und Somes Island, und auf dem Festland im Karori Wildlife Sanctuary in Wellington und am Mt. Bruce bei Masterton.
 
In solchen Schutzgebieten sind die Vögel, da sie keine natürlichen Feinde haben, viel zutraulicher als in einem normalen Wald, wo hinter jedem Baum ein vierbeiniger Killer sitzen kann. Ich hatte einige tolle Erlebnisse mit den freundlichen Vögeln.

Der seltenste Papagei
 
Der Kakapo ist ein seltsamer Vogel und nur auf zwei Inseln zu finden: auf Codfish Island vor Stewart Island und Anchor Island in Fiordland. Der nachtaktive Kakapo kann nicht fliegen, aber auf Bäume klettern. Er heißt auch Eulenpapagei, weil er ein eulenartiges Gesicht hat. Er ist freundlich zu Menschen und Tieren. Deshalb könnte er nicht überleben, wenn man ihn nicht in Schutzgebiete brächte. Trotzdem gibt es nur knapp über 100 Kakapo in Neuseeland.
 
Besuch auf Motuara Island
 
Wer auf Motuara Island ankommt, wird mit dem "Pest-free"-Schild daran erinnert, seine Taschen zu kontrollieren. Nicht, dass sich darin eine Maus verbirgt, die dann den Vögeln auf der Insel in den Marlborough Sounds das Leben zur Hölle macht. Natürlich darf man auch seinen Hund nicht mit auf die Insel nehmen.
 
Das Begrüßungskomitee...
 
Am Bootssteg schienen diese vier schwarzen neuseeländischen Austernfänger (Oystercatchers) mit ihren langen roten Schnäbeln auf uns gewartet zu haben. 
 
Neugierige Fußgänger
 
Als nächstes saß ein Robin auf dem bergauf führenden Kiesweg. Die Robins, die auf Deutsch Langbeinschnäpper heißen, weil sie lange Beine haben und nach Insekten schnappen, warten förmlich auf Menschen. Denn wenn die Inselbesucher Blattwerk aufwühlen und Insekten aufschrecken, haben die Insekten fressenden Robins leichtes Spiel, um einen kleinen Snack zu verschlingen. Sie sind einfach nur goldig!
 
Die Robin-Straße
 
An einer Linkskurve (bergauf gesehen) war eine Einflugschneise für Sattelstare, und alle Naslang hüpfte ein Robin auf diesem Pfad aus dem Wald. Deshalb habe ich den Weg Robin-Straße getauft: Robin Road. 
 
Einer nach dem anderen hüpfte auf den Gesteinsbrocken, auf dem ich saß.
 
Nach einiger Zeit zog ich mich in meinen Rucksack zurück. Sofort flog der nächste Robin heran, um zu schauen, was jetzt los war.
 
Zwischendurch marschierten wir zum Gipfel, um den Rundblick auf die umliegenden Buchten, Inseln und Halbinseln zu genießen.
 
Die Stars von Tiritiri Matangi
 
Die Takahes sind die Stars von Tiritiri Matangi. Das sind flugunfähige Purpurhühner. Wie auch die Kakapos, haben sie nie gelernt, Angst zu haben, weil sie vor der Besiedlung Neuseelands durch Menschen keine natürlichen Feinde hatten. 50 Jahre lang dachte man, die Takahes wären ausgestorben, ehe sie 1948 in Fiordland wiederentdeckt wurden. Seither leben sie auf Inseln und in den abgelegensten Gegenden der ohnehin schon abgelegenen Region Fiordland.
 
Sicherheit auf Somes Island
 
Auf Matiu/Somes Island  - Matiu ist der Maori-Name von Somes Island - müssen alle Ankömmlinge in eine Hütte gehen. Die Türen werden abgeschlossen und ein DoC-Ranger hält einen Vortrag über die Tiere auf der Insel und die Sicherheitsmaßnahmen.
 
Keine Gnade für Possums
 
Auf Somes Island sind im Unterholz solche Holzboxen mit Giftködern versteckt. Damit wird Possums und anderen Nagetieren der Garaus gemacht.
 
Die Nachfahren der Dinos
 
Auf Somes Island und den meisten anderen feindfreien Inseln leben auch Tuataras. Sie werden auch lebende Fossilien genannt. Sie sind die einzigen überlebenden  Verwandten der längst ausgestorbenen Dinosaurier - und haben sich gut an die veränderten Bedingungen angepasst. Sonst würde es sie nicht mehr geben. 
Der gerettete schwarze Robin
 
Der Chatham-Schnäpper - auf Englisch Black Robin - lebt, wie der Name schon sagt, nur auf den Chatham Islands. Im Jahr 1980 gab es nur noch fünf dieser seltenen Vögel. Deshalb stahlen ihnen Don Merton und seine Kollegen von der Naturschutzbehörde DoC die Eier aus den Nestern und legten sie den verwandten Maori-Schnäppern (Tomtits) zum Brüten in deren Nester, und die Black Robins legten neue Eier, weil sie dachten, sie hätten die alten verloren. Jetzt gibt's 250 bis 300 dieser Robins.
 
Schöne Aussichten
 
Im Zentrum der Insel steht ein hölzerner Aussichtsturm, von dem man einen tollen Rundumblick hat. Mir und meinen Begleiterinnen sind dort oben die neugierigen Robins (Langbeinschnäpper) und die  piepfreundigen Fantails (Graufächerschwanz) vor die Füße gehüpft bzw. um die Ohren geflogen.
 
... vertraute uns nicht blind
 
Aber als wir an Land gingen, marschierten sie mit einem kleinen Sicherheitsabstand vor uns her. Anderswo wären sie längst weggeflogen.
 
Sattelstar-Parade
 
Zwischendurch hört man Sattelstare (Saddleback) miteinader chatten, und es dauert nicht lange, bis einem auch diese amselgroßen Vögel mit den roten Wangenlappen vor die Füße hüpfen. Sie suchen im Unterholz und in der Baumrinde nach Futter. Sie bewegen sich schneller als die Robins von Ort zu Ort und sind nicht neugierig auf Menschen. Sie heißen Sattelstar, weil das rostrote Gefieder der Männchen auf dem Rücken sattelförmig ist. 
 
Er kommt näher...
 
Ich dachte also, ich setze mich mal hin und warte auf die nächsten Robins und schaue, was sich ein Robin so denkt, wenn er plötzlich einen grauen Bär vor sich sitzen sieht. Es dauerte nicht lange, bis einer heran hüpfte.
 
Dieser Robin schaute erst unauffällig zur Seite, vielleicht um von sich abzulenken.
 
Diese neugierigen Langbein-Vögel waren wirklich an mir interessiert, obwohl ich mich ganz ruhig verhielt.
 
Es gefiel mir, dass man auf den Informationstafeln nicht bloß sitzen, sondern auch lesen konnte, was es rundum zu sehen gab.
 
Kaka-Invasion am Mt. Bruce
 
Auch am Mt. Bruce, nördlich von Masterton (und Masterton wiederum nördlich von Wellington) gibt's Takahes. Aber die Stars dort sind ein weißer Kiwi und die Kakas. Das sind Papageien, die Ähnlichkeit mit den Keas - den destruktiven Spaßvögeln Neuseelands - haben. Ihr Gefieder ist braun, im Gegensatz zu den olivgrünen Keas. Sie haben aber, auch anders als die Keas, keine Lust, Menschen aus der Hand zu fressen - und machen auch nicht  Autos, Zelte und was sonst noch kaputt...
 
Schon wieder die "Pest"...
 
Man muss seine Taschen durchsuchen, damit sich auch ja keine Maus oder Ratte darin versteckt hat. Erst wenn jeder Besucher seine Sachen genau angeschaut und abgetastet hat, werden die Türen wieder aufgeschlossen.
 
Der Staatsfeind Nummer eins
 
So sieht Neuseelands Staatsfeind Nummer eins aus. Eigentlich ganz possierlich - aber unerwünscht. Wie schon gesagt: Nur ein totes Possum ist ein gutes Possum.
 
Geckos und Skinke
 
Somes Island ist auch ein Paradies für Geckos und Skinke. An schönen Sommertagen kann man sie beobachten, wenn sie sich auf dem Rundweg, der um die Insel führt, in der Sonne wärmen. Am besten, man schleicht sich an, wenn man einen aus der Ferne sieht, sonst verschwinden sie ganz schnell im Gestrüpp.
 
 
Klettertour mit Kakariki
 
Auf der Insel Tiritiri Matangi im Hauraki Gulf (nördlich von Auckland), aber auch auf Somes Island in der Hafenbucht von Wellington bin ich ganzen Scharen von Ziegensittichen (Red-, orange und yellow-crowned parakeets; Kakariki) begegnet. Vor allem auf Somes Island sind sie mir regelrecht um die Ohren geflogen. Die Ziegensittiche wurden von Getreide- und Obstfarmern abgeschossen und vergiftet und fast ausgerottet. Jetzt sind sie geschützt, aber relativ selten.
 
Geschichte
 
Dieser Gedenkstein steht am Fuße des Aussichtsturms im Wald. Er wurde vom Captain Cook Memorial Committee errichtet und steht in der Nähe der Stelle, an der Seefahrer James Cook 1770 anlegte und die britische Fahne hisste. Er benannte den Queen Charlotte Sound nach der Frau des damals regierenden Königs Georg III. 
 
Ach du dicke Taube!
 
Die neuseeländische Waldtaube (New Zealand Woodpigeon; Kereru) ließ sich nicht stören. Ihr Flügelschlag ist so laut, dass man erschrickt, wenn sie abhebt.
 
Ringe zur Wiedererkennung
 
Während es toll ist, die Sattelstare zu beobachten, weil sie so selten sind, ist es mit den Robins so unterhaltsam, weil sie den Kontakt mit Menschen und Bären regelrecht suchen. Die meisten Robins auf der Insel sind beringt, damit man die DoC-Ranger sie unterscheiden können. Der Gedanke daran, dass man diese süßen Vögel einfangen und erschrecken muss, um sie zu beringen, gefällt mir allerdings überhaupt nicht. Robins sind doch keine Haustiere!
 
... und näher
 
Als der Robin (und nicht bloß dieser!) vor mir saß, erschrak er kein bisschen, sondern guckte bloß. Vielleicht dachte er auch, ich bin ein fauler Bär, weil ich kein Laub für ihn aufwühle und er sich selbst um sein Frühstück kümmern muss.
 
Und dieser hier checkte, wie gefährlich ich aussehe - und hüpfte mir dann auf den Schoß!
 
Auch an dem Rucksack fanden sie Gefallen. Einer pickte immer wieder auf die orangefarbenen Streifen ein.
 
Überall viel Wasser, Wälder und Hügel. Nach unserer Insel-Tour setzten wir zum Wandern auf den Queen Charlotte Track über.
 
Stunde der Fütterung
 
Jeden Tag werden die Kakas am Mt. Bruce gefüttert. Aber nicht, dass jemand denkt, diese Papageien wären Zootiere. Nein, sie leben in freier Wildbahn. Aber sie haben gelernt, dass es zu bestimmten Zeiten etwas zu fressen gibt. Dann fliegen sie ein wie ein Bienenschwarm - bloß dass sie größer als Bienen sind! Nachdem ich von meinem Sitz aus andere Vögel beobachtet hatte, zog ich mich dezent in meinen Rucksack zurück, damit mir kein Kaka an den Kopf fliegen konnte.
 
Haxen abkratzen
 
Wer Dreck an den Schuhen oder Tatzen hat, muss seine Schuhe oder Tatzen an diesen Bürsten abkratzen, denn im Dreck könnten Samen unerwünschter Pflanzen kleben, die dann Somes Island überwuchern würden. Das sind dann "pest plants". Nix als Pest.
 

Englisch-Lektion

Vogel = bird
feindfrei = pest-free
Insel = island
fressen = to feed on
der Vogel frisst Insekten =
   the bird feeds on insects
flugunfähig = flightless
Krallen, Klauen = claws
Eule = owl
nachtaktiv = nocturnal
Eier legen = to lay eggs
brüten = to breed
Flügel = wing(s)
Gefieder = plumage
Feder = feather
ausgestorben = extinct
einheimisch = native, endemic
  (wenn es die Tiere in keinem
   anderen Land gibt)
verhungern = to starve
überleben = to survive
vergiften = to poison
Giftköder = poison bait
Feind = enemy
Zaun = fence
Laub (auf dem Baum) = foliage
abgefallenes Laub = leaf litter
neugierig = inquisitive, nosy
Piepmatz = birdie
Schoß = lap
(wieder-)entdecken =
   to (re-)discover
Sicherheitsabstand = safety
                     distance
Rundumblick = 360 degree view
Bootssteg = jetty
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