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Himmelfahrt in einem Windrad

Ein fliegender Kleiderschrank unter den Wolken

Es mag ja sein, dass viele Dinge auf mich größer wirken, als sie sind, weil ich so klein bin. Bei Windrädern ist es jedoch umgekehrt. Sie sehen aus der Ferne viel kleiner aus, als sie sind, und ich fühle mich ziemlich groß. Kommt man ihnen jedoch näher, wachsen sie mit jedem Meter, bis sie riesenhaft vor einem stehen. Aber sie sind noch gigantischer. Der Windradturm, in dessen Innereien ich mich bis hoch an die Spitze kämpfte, war 80 Meter hoch, also halb so hoch wie das Ulmer Münster. Und es gibt noch höhere Windkraftanlagen, die Strom erzeugen.

Eines muss ich jedoch gleich vorweg sagen: Das weiße T-Shirt, das ich anhatte, war nicht die ideale Kleidung, denn so einen Turm zu erklimmen, ist eine schmutzige Angelegenheit. Ich hätte auch nie gedacht, dass man in einem zweitürigen Kleiderschrank Aufzug fahren kann. Platzangst sollte man auf keinen Fall haben, wenn man die Auffahrt wagt und sich dann auf allen Vieren unter der Maschinerie zum Ausguck hindurch robbt. Der ist in dieser Box rechts über meinem Ohr, an der die Rotorblätter befestigt sind. Die "Box" ist der Maschinenraum und natürlich auch größer, als er auf dem Foto aussieht.


 
Klein nur aus der Ferne

Wie gesagt, von einem bisschen weiter weg sehen die Windräder gar nicht so riesig aus, wie sie sind.

Wenn man direkt davor steht, muss man den Hals ganz schön recken und kapiert, dass die Türme höher sind als gedacht.

... und wenn man alles nicht bloß von außen sieht.

Das ist natürlich keine Waschmaschine, sondern die offene Tür der Windkraftanlage.
 
Dann muss man über das Geländer in den Aufzug klettern und die Fensterläden schließen. Der Aufzug fährt nur, solange man einen Knopf drückt. Hört man auf, den Knopf zu drücken, bleibt der Aufzug sofort stehen.
 
Oben angekommen, muss man eine Leiter hochklettern und sich wie ein Schlangenmensch unter allerlei ziemlich heißen Rohren durchrobben. Dann öffnet man eine Luke, wie auf einem Boot, und kann seinen Kopf ins Freie strecken und die Aussicht genießen. Dann ist man dem Himmel und den Wolken ganz nah.


Die Windkraftanlage, die ich besuchte, steht bei Bassum, 30 Kilometer südlich von Bremen. Die Frau des netten Mannes, der uns mitnahm,  ist eine Bärenfreundin.


80 Meter hoch aus der Nähe

Wenn man sich auf eine Leiter stellt oder hochheben lässt, denkt man auch nicht, dass die Türme 80 Meter hoch sind.

Interessant wird's, wenn man jemanden kennt, der einen Schlüssel hat und die Zugangstür zum Turm aufschließt...

Ich bin dann hinein gegangen, weil ich ja einen "Befugten" dabei hatte.

Dann müssen die Menschen Sicherheitsgurte anlegen und verschnüren und was weiß ich...
 
Die Gurte und Karabiner muss man nur tragen, falls der Aufzug stecken bleibt. Dann muss man nämlich aus der Kleiderschrank-Kabine klettern, den megagroßen Karabiner an einem Stahlseil hinter der Leiter befestigen und losklettern.
 
Die Rotoren zischen einem mit Geräuschen, die ein bisschen wie die Schneidemaschinen beim Metzger klingen, an den Ohren und der Nase vorbei. Unser Fachmann meinte, wir könnten auch voll aus der Luke klettern, aber das traute sich niemand. Ich wagte mich noch am weitesten hinaus, aber auch bloß, weil ich gut festgehalten wurde.

Englisch-Lektion

Windkraft = wind energy
Himmel = sky
Aufzug = elevator
Platzangst haben = to be
              claustrophobic
Turm = tower
aus der Ferne = from a distance
es ist umgekehrt = it is the
               other way round
Ausguck = lookout
Kleiderschrank = wardrobe
Strom = power, electricity
Strom erzeugen  = to generate
                            power
Stromnetz = power grid
Rotorblatt = rotor blade
Sicherheitsgurtzeug = harness
          (im Auto: seat belt)
Leiter = ladder
klettern = to climb
Karabiner = carabiner
einen Knopf drücken = to press
                            a button
die Aussicht genießen = to enjoy
                       the view
Windmühle = windmill 
 
 
 
Ohne Fotograf(in) reise ich natürlich nie!
 
... damit sie überhaupt in diesen Kleiderspind-ähnlichen Aufzug steigen dürfen.
 
 
Sollte man auf der Leiter abrutschen, schnappt der Karabiner zu und verhindert so, dass man in die Tiefe segelt. Man hängt dann in der Luft - im wahrsten Sinne des Wortes - und hat Zeit, auf der Leiter wieder Tritt zu fassen.
 
Die meisten Windkraftanlagen haben drei Rotorblätter. Das ist die stabilste Konstruktion. Obwohl die Windkrafttechnik aus der Windmühlentechnik entwickelt wurde, darf man eine Windkraftanlage nicht Windmühle nennen, denn eine Windmühle  erzeugt keine elektrische Energie, sondern verrichtet Arbeit, wenn sie Getreide zu Schrot und Mehl mahlt.


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