Hiva Oa (2): Männer ohne Dings

Der letzte und verletzte Chef von Puama'u
Wer von Atuona nach Puama'u wandern will, muss acht Stunden Zeit haben, steht im Reiseführer. Diese Zeit hatten wir nicht. Aber natürlich hatten wir die Aranui, und die legte sowohl in Atuona im Süden als auch zwei Tage später in Puama'u im Nordosten an - und ein paar Stunden später auch noch im Norden in dem bunt blühenden Örtchen Hanaiapa!
 
Eine Reise zu den Marquesas, ohne die Tikis von Puama'u gesehen zu haben, ist wie eine Reise nach Athen ohne Besuch der Akropolis. Oder nach Ulm, ohne einen Blick aufs Münster zu werfen.
 
Im Me'ae Iipona stehen fünf riesige Steinmänner. Der größte ist 2,43 Meter hoch; er ist der größte und älteste auf den Marquesas. Aber ein wichtiges Teil fehlt. Unten könnt Ihr lesen, warum der Tiki Takaii nicht nur der letzte, sondern auch der verletzte Chef von Puama'u ist.
 
Wer diese Figuren gesehen hat, dem ist sonnenklar, dass eine kulturelle Verbindung zwischen den Marquesas und der Osterinsel bestehen muss, wo ja die weltberühmten Moai aufs Meer hinaus starren.
 
Der Me'ae Iipona (das ist ein Doppel-i am Wortanfang) wurde vermutlich im 15. oder 16. Jahrhundert errichtet und 1991 für das dritte Marquesas-Festival restauriert.
 
 

 
Spaziergang zum Me'ae
 
Auch Puama'u liegt an einer dieser wunderschönen halbmond-förmigen, von felsigen Vulkanhügeln gesäumten Buchten.
 
Natürlich wuchsen auch jede Menge Kokospalmen an der schmalen Straße.
 
Der Me'ae Iipona
 
Mein italienischer Freund Raffaele verärgerte eine dauer-nörgelnde französische Alleswisserin, die "scandalisée" war, weil er mich zu nahe an den Kopf des Tiki rückte. Der Kopf war der wichtigste Teil dieser Krieger, weil darin ihr "mana" sitzt - ihr magisches Wissen und Charisma.
 
 
Im Hintergrund ist die liegende Priesterin Maki Taua Pepe zu sehen, die während der Niederkunft starb. Es heißt, ihr Partner schuf die Steinskulptur, um ihren Geist zu beruhigen, damit sie die Dorfgemeinschaft beschützte und nicht mit einem Fluch belegen würde.
Am Sockel der Skulptur ist ein seltsames Tier zu sehen.
 
Der Steinbrocken, auf dem ich hier sitze, war definitiv kein Kopf. Uff! Kein weiterer Anschiss durch die französische Chimäre... Überhaupt die Franzosen... Ein australischer Freund auf der Aranui sagte in seinem Fazit über die Kreuzfahrt: "Ich konnte die Franzosen noch nie leiden, aber jetzt weiß ich auch, warum."
Am Anfang vermischten sich die Völker auf dem Schiff, doch je länger die Kreuzfahrt dauerte, desto mehr trennten sie sich wieder. Ich blieb international bis zum Schluss!
 
Zweiter Stopp in Hanaiapa
 
Nach dem Mittagessen an Bord ging's per Rettungsboot zu einem einsamen Ort namens Hanaiapa im Norden der Insel Hiva Oa. Neben ein paar quietschbunten Häusern gibt's dort eine Kirche und einen Kunstladen zu sehen.
 
Die Hibiskusblüten waren wirklich eine Pracht. Die meisten Grundstücke sind mit Hibiskushecken eingefasst. Zäune gibt's bloß dort, wo die Ziegen nicht wegrennen dürfen, bevor sie in den Kochtopf wandern.
 
 
 
 
Wieder einmal Traumblicke
 
Ich konnte mich an den schönen Ausblicken gar nicht sattsehen und kletterte auf die Bäume und Palmen entlang der Küstenstraße.
  
Der Blick in die andere Richtung, wo wir an Land gegangen waren; die Aranui im Gegenlicht.
 
Der Rekord-Tiki Takaii
 
Für die Katholiken, die in den Marquesas einfielen, war nicht der Kopf am wichtigsten, sondern das Geschlechtsteil. Deshalb schlugen sie allen Tikis die Penisse ab. Ich kontrollierte das natürlich, wie man auf den Fotos oben und unten sehen kann. Der Tiki Takaii ist, wie gesagt, 2,43 Meter hoch.
 
 
Dieses Tier sieht aus wie ein Dackel, mit langem Schwanz, hat aber den langen Hals und den Kopf eines Lamas. Manche Wissenschaftler denken, der norwegische Forscher Thor Heyerdahl habe den Kopf nachträglich in den Stein geschlagen, um zu beweisen, dass die Marquesas von Südamerika aus besiedelt wurden.
 
Fünf Minuten vom Me'ae entfernt ist das Grab des letzten Chefs von Puama'u zu finden. Als erste Führungspersönlichkeit im Tal konvertierte er zum Christentum, als die Missionare die Marquesas erreichten. Deshalb ließ er sich nach dem Brauchtum der Christen in einem Grab beerdigen, anstatt seinen Körper in einer Höhle abzulegen oder im Wurzelwerk eines Banyan-Baums aufbewahren zu lassen. Aber für den Fall, dass ihn der neue Gott nicht akzeptieren würde, verlangte er, dass Tikis sein Grab bewachten.
 
Strand- und Straßenleben
 
Hanaiapa besteht aus einem felsigen Strand, an dem einige Passagiere badeten, schnorchelten und tauchten, und aus einer langen Straße, die von üppig farbenprächtiger tropischer Vegetation gesäumt ist.

In den Gärten gab's auch reichlich Ziegen. Viele standen auf tischartigen Plattformen. An Altersschwäche sterben die wenigsten Ziegen auf den Marquesas. Die meisten enden in einer Kokosmilch-Sauce...

Die Aranui in der Bucht
 
Man konnte sich mit Geländewagen zum Me'ae fahren lassen, aber Mama und ich bevorzugten es, dorthin zu marschieren.
 
Am Fußballplatz musste man in den Wald abbiegen und bergauf marschieren. Ich erntete Limonen.
 
Sitzung im Urwald
 
Die Krieger und Priester stehen nicht nur im Wald herum, sondern sitzen - und eine Priesterin im Me'ae Iipona liegt sogar, weil sie starb, als sie ein Kind gebar. (Ich habe vergessen, warum einer so einen kleinen Kopf hat...) Fünf Tikis kann man an dieser archäologischen Fundstätte sehen.
 
 
Es gibt auch ein kopfloses Tiki - und der Kopf sitzt auf der Steinplattform (paepae). Wir haben uns amüsiert, dass die Mecker-Französin ihren Landsmann nicht warnte, der sich auf diesen Kopf setzte, weil er ihn nicht als solchen erkannte. Im Gegensatz zu ihr fanden wir das allerdings nicht skandalös. Schließlich ist es eine Fund- und keine Kultstätte.
 
Vom Grab des letzten Chefs  wanderten wir den längeren Weg durchs Dorf zurück zur Uferstraße und zum Bootstransfer. Das war wunderbar, denn die Büsche und Bäume am Wegesrand verwandelten den Ort in ein knallig buntes Blütenmeer. Der Café-Kiosk bei Thérèse ist offenbar ganzjährig weihnachtlich dekoriert. Wir wollten Getränke kaufen und Kaffee trinken, aber Thérèse verhandelte mit einem Einheimischen und merkte gar nicht, dass ihr ein gutes Geschäft entging. Irgendwie lustig...
 
Die bunten Gärten
 
Vom Strand musste man nach links abbiegen. Die Straße war eine ziemlich schnurgerade Rennmeile, auf der die Spaziergänger die bunt blühenden Büsche und Bäume bewunderten, ehe sie zum Strand zurücktrabten.
Hier kommen uns unsere australischen Freunde Gillian und David entgegen.
 
Ich war an den Hühnern interessiert, aber sie nicht an mir. Sie zeigten mir nicht bloß die kalte Schulter, sondern ihre Hinterteile. Also wirklich...
 
 
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